Städtchen Gießhübel - unsere Heimat

Anton Kluger (1895 - 1979)

 

Wer kennt es nicht, unser Gießhübel im Adlergebirge, gelegen am Westhang der Hohen Mense, 695 m über dem Meeresspiegel!

Gießhübel, eigentlich Deutsch-Gießhübel, soll in einer unbekannten Zeitperiode von Tirolern in dem von 2 parallel laufenden Bergketten gebildeten Tale gegründet worden sein, das von einem Bach durchflossen wird, der am Abhang der Hohen Mense entspringt, Goldbach genannt, und der unterhalb der Frimburg, im so genannten Peklotale, in die Mettau mündet. Die uralten Schriften über die Gründung des Ortes gingen an dem großen Brande am Kirchweih-Montag 1861 verloren, wobei das gesamte Stadtl ein Raub der Flammen wurde. Der Brand entstand um 10 Uhr abends in der Scheuer des Anton Schrutek, der heutigen Baustelle im Garten des Gasthauses „Deutsches Haus".

Das alte Rathaus ist ein ehemaliges Jagdschloss, das die Gemeinde um 1100 rheinisches Gold der Herrschaft Opotschno abkaufte.

Die Bezeichnung Gießhübel wird daraus gedeutet, dass unter einem, am östlichen Ende gelegenen Hügel Eisen geschmolzen und gegossen wurde, während am westlichen Ende des Ortes Eisen gehämmert wurde. Die Bezeichnungen Hammerhof und Hammerbüschel legen Zeugnis dafür ab.

Im Jahre 1350 gehörte Gießhübel bereits zum Städtchen Dobruschka.

1503 wurde die erste Kirche aus Holz erbaut.

1703 - 1705 wurde dieselbe aus Stein neu erbaut.

1787 wurde dem Lokalseelsorger noch ein Cooperator beigegeben.

1853 wurde Gießhübel laut Stadthalterei – Erlass vom 31.3.1853, Zahl 1481, zur Pfarrei erhoben.

Im Jahr 1503 muss Gießhübel bereits ein nicht unbedeutendes Gebirgsdorf gewesen sein.

1772 zählte es 182 Häuser.

1780 nach der Durchreise Kaiser Josef II. erfolgte die Gründung der Schule. Der Unterricht wurde in der Wohnung des Lehrers Wondrejz abgehalten. Als Entlohnung kassierte er an jedem Samstag von den Schülern einen Kreuzer ein.

Am östlichen Ende des Ortes ist das bekannte Gasthaus, die „Schnappe". Dieses Gasthaus soll seinen Namen einem in früheren Zeiten dort stationierten Grenzkordon, mit einem Leutnant an der Spitze, verdanken, dem die Bewachung der Grenze oblag, abgeleitet von schnappen, fangen, lauern.

Im Jahre 1706 wurde das Städtchen Gießhübel gegen jährliche Zahlung von 400 Gulden von der Herrschaft Opotschno (Graf von Colloredo – Mansfeld) die Robott erlassen.

1706 wurde die hiesige Kirche mit neuen Sitzbänken und mit einer neuen Orgel versehen, sowie die steinerne Stiege erbaut.

In den Kriegen 1740 hatte Gießhübel als Grenzort viel zu leiden und oft wurden Bürger als Geiseln verschleppt. 1772 raffte eine Seuche 100 Menschen dahin. In dieser Zeit verdienten sich die Einwohner als Kohlenbrenner, mit der Erzeugung von Nägeln, hölzernen Koch- und Esslöffeln, Tellern und mit dem Sammeln von Kräutern ihren Lebensunterhalt. Die fertigen Waren wurden mit Schubkarren bis Breslau gebracht. Später wurde die Leinwanderzeugung von selbstgebautem Flachs aufgenommen. Noch heute gibt der Ortsteil „Bleiche" Zeugnis davon. Anfangs wurde nur rohe Leinwand, später feinere verfertigt. An ihre Stelle trat später der Billigkeit wegen die Baumwollerzeugung. Auch wurden aus türkischer Wolle teure und schöne Sachen erzeugt und aus Garn und Schafwolle ein Stoff, der „Mezulan" , für Frauenkleider in grüner und veilchenblauer Farbe. Ebenfalls wurde lange Zeit nur roher Kattun hergestellt. Die Waren wurden per Achse von den so genannten Ausgebern bis Prag, Olmütz in Mähren, sogar bis Wien verführt.

Das Handwerk war durch Innungen der Schneider, Schuster, Bäcker und Müller und eine Genossenschaft der Weber vertreten. Diese besaßen ein Privilegium, dass die angrenzenden Ortschaften ohne deren Erlaubnis keinen Lehrling aufnehmen, keinen Gesellen freisprechen durften, auch kein Meister sich ansässig machen konnte. Wir Älteren können uns noch gut an die beiden großen Zunftfahnen in der Kirche erinnern. Diese wurden vor dem 1.Weltkrieg dem Museum in Wien überlassen..

Im Jahre 1847 brach infolge von Missernten eine große Teuerung und Hungersnot aus. Die Leute buken Brot aus Kleie und Kartoffeln, nährten sich von Kleeköpfchen und Sauerampfer, sammelten das Staubmehl von den Dielen der Mühlen. Ein Strich Korn wurde mit 30 Gulden bezahlt.

Dass Gießhübel bereits 1710 Städtchen war, bezeugt eine am Bürgermeisteramte verwahrte Petschaft aus Messing mit der Inschrift „Stadtl Güssiebler Insiegl 1710", das gerettet wurde und sich im Heimatmuseum in Waldkraiburg befindet.

Laut Gedenkbuch der Kronstädter Pfarrei, Folio 8, steht verzeichnet, dass am 5. September 1779 Kaiser Josef der 2. nach Anhören der hl. Messe in Kronstadt, seinen Weg über Gießhübel in Begleitung Sr. Exzellenz, des Herrn General Wurmser und des Herrn General Brown und anderer Offiziere, eingeschlagen hat. In Gießhübel soll er am Marktplatz gehalten und aus dem hier befindlichen Brunnen Wasser getrunken haben.

Im Jahre 1786 wurde an der Stelle des Hauses Nr.15 (Scheftner) eine hölzerne Schule erbaut und am Giebel derselben konnte man die Inschrift lesen: „Kaiser Joseph der Zweyte haben einen SCHOLBAU anerkannt".

Die Einwohnerzahl von Gießhübel betrug:

Im Jahre1820 = 1723 Einwohner,

im Jahre1825 = 1855 Einwohner,

im Jahre1830 = 1945 Einwohner,

im Jahre1835 = 2015 Einwohner,

im Jahre1840 = 2199 Einwohner,

im Jahre1840 = 2199 Einwohner,

im Jahre1845 = 2229 Einwohner,

im Jahre1890 = 2288 Einwohner,

im Jahre1898 = 2347 Einwohner,

im Jahre1910 = 2041 Einwohner,

im Jahre1930 = 2041 Einwohner,

im Jahre1939 = 1287 Einwohner,

im Jahre1945 = 1300 Einwohner.

Pfarrer Rohacek gab dem Messner Alois Kossek am 10.7.1934 bekannt, dass laut Kirchenbücher der Friedhof in Gießhübel seit 1354 besteht und bis 1934 zirka 20.000 Menschen daselbst begraben wurden.

Mit dem Bau der Bürgerschule im Jahre 1905 kam Gießhübel in kultureller Hinsicht an die erste Stelle im Adlergebirge.

Gesang- und Musikverein und der Theaterverein standen unter der Leitung des Herrn Bürgerschuldirektors Wilhelm Hofmann auf besonderer Höhe. Der Turnverein und die Schutzvereine, der Bund der Deutschen und der Kulturverband entfalteten rege Tätigkeit. Bei der Feuerwehr wurde die 1. Motorspritze in der Umgebung angeschafft.

Die Fremdenverkehrswerbung setzte ein. Ideal gelegen, wurde Gießhübel zu einem gern besuchten Sommer- und Wintererholungsplatz.

Hier dichtete der bekannte Heimatdichter Munser das Adlergebirgslied:

„Deine blauen Berge ragen in des Äthers Himmelsschein,

zaubrisch flechten deine Sagen sich dem Kranz der Wälder ein.

Heimlich klingen zarte Lieder, Märchen raunen in den Bäumen,

es umfängt mich immer wieder süßes, heimatliches Träumen.

Sei mir gegrüßt in all deiner Schönheit, in deiner landschaftlichen Pracht,

zu dir hin ziehts mich jederzeit mit starker Heimatsehnsuchtsmacht!"

Am 21.8.1926 wurde am Ringplatz das Kriegerdenkmal (Kriegergedächtnisbrunnen) für die im 1. Weltkriege gefallenen 88 Gießhübler eingeweiht, ein Kunstwerk des Trautenauer Bildhauers Schwandtner, das einige Tage nach dem 8.5. 1945 von Tschechen gesprengt wurde.

Schwer waren die Opfer, die der 2. Weltkrieg forderte. 91 Gießhübler kehrten nicht mehr wieder, weitere 11 fanden in den Tagen nach dem 8.5.1945 völlig unschuldig einen qualvollen Tod durch tschechische Partisanenhand.