Die Schnappe

Als nördlichster Ort unserer Adlergebirgsheimat
ist das Mensestädtchen Gießhübel in guter Erinnerung.
Ein bekanntes Ausflugsziel war hier das Berggasthaus "Schnappe".
 


 

Für den Namen dieser beliebten Einkehrstätte gibt es zwei Deutungen:

1. Deutung: In den umliegenden Wäldern soll zur Zeit des Schnepfenstrichs ein Fürst aus dem Geschlecht der Coloredo-Mansfeld zur Jagd gekommen und nach dem Halali in der Gebirgsbaude eingekehrt sein. Daraus folgert man: Schnepfe = mundartlich Schneppe = "Schnoappe" (Vogel) = der Beiname des Gasthauses und daraus wieder schriftdeutsch "Schnappe".
2. Deutung: In der Nähe des Gasthauses in Obergießhübel verlief nach den Schlesischen Kriegen die Landesgrenze zwischen Österreich und Preußen, über die von hüben und drüben geschmuggelt wurde. Die Umgebung des Gasthauses war sicher ein günstiger Lauerplatz für Zöllner/Finanzer, so dass gerade hier mancher Pascher "geschnappt" wurde. Und vielleicht kam so das Berggasthaus zu dem Namen

"Schnappe".

Zunächst war das Haus ein üblicher Kleinbetrieb zur Einkehr für Waldarbeiter, Holzmacher, Fuhrleute, einheimische Sonntagsspaziergänger und Vorbeiwandernde. Die tüchtige Wirtsfamilie Moschnitschka hat es jedoch verstanden, die Gäste, namentlich die Besucher aus den benachbarten Badeorten, durch erlesene Gerichte immer wieder zur Einkehr zu veranlassen. Auf dem Speisezettel standen Bachforellen, Backhähnchen, Wiener Schnitzel, dazu österreichische Weine, "Pilsener" und echtes Urquell aus dem Keller frisch eingeschenkt. Man sprach jetzt von dem "Weinhaus zur Schnappe", das weit über die Grenzen hinaus gelobt und empfohlen wurde.


Musikkapelle der Familie Fiedler

Eine besondere Anziehungskraft hatte die Musikkapelle der Familie Fiedler, die in der Schnappe zum Tanz aufspielte. Sie stammte aus Braunau in Böhmen, wohnte aber von Pfingsten bis in den Spätherbst oberhalb des Gasthauses im "Schnappenhäuschen". Eine besondere Klangwirkung hatte ihre originelle Instrumentenzusammenstellung: Zu zwei Geigen gesellte sich eine Ziehharmonika und eine Harfe. Sie spielten Polkas, Rheinländer und Mazurkas, sowie heimische alte Volkstänze wie ""die Hinnerscharre" und "Siste ne do kimmt a" oder man sang die alten Lieder "Seff blei do" und "Koschper, Koschper, dos ies a Moon". Zwischendurch wurden auch Konzertstücke dargeboten und zu Gitarre und Zither beliebte Schlagerlieder und Couplets gesungen. Aber auch selbst verfasste und –vertonte Lieder wurden vorgetragen. So wurde das Fiedlersche "Schnappenlied" zu einer Art Hausschlager. Es wurde neben anderen "Schnappen – Schnadahüpferln" in Druck gegeben und verkauft. Ebenso gab es Lichtbildkarten der Künstlergruppe, die zum Verkauf angeboten wurden. Besonders aber führten gelungene Stegreif-Gstanzel, in denen ein Gast humorvoll aufs Korn genommen wurde, zu saalerschütternden Lachsalven und zu einem reichen Münzensegen.

Die Blütezeit der Schnappe war um 1900 bis zum 1. Weltkrieg. In dieser Zeit war sie so besucht, dass sogar ein zweiter Saal angebaut werden musste, um die Gäste zu fassen. Danach wurde der freie Grenzübertritt zwischen der Tschechischen Republik und Deutschland immer mehr erschwert, so dass bald die Gaststube mit dem Nebenzimmer ausreichte. Nach der Angliederung des Sudetenlandes hätte ein neuer Aufschwung kommen können, aber der 2. Weltkrieg zerstörte diese Hoffnung.

Die Familie Moschnitschka trafen während des 2. Weltkrieges und unmittelbar danach furchtbare persönliche Schicksalsschläge. Die "Schnappe" wurde von den Tschechen in ein Kindererholungsheim umfunktioniert. Seit der "Wende" (1989) ist sie wieder eine "Baude" und auch zahlreiche Deutsche sollen bereits wieder, vornehmlich im Winter, in der "Chata Cihalka" ihren Urlaub verbringen.
 

Zusammengestellt vornehmlich nach einem Bericht von Schulrat Rudolf Knoblich (+),
der viele Jahre an der Gießhübler Bürgerschule als Fachlehrer und Direktor tätig war.


 


Grab von Josef Moschnitschka
(erschossen 1945 von Tschechen)
am Waldrand oberhalb der Schnappe

Anmerkung: Über das Schicksal der Familie Moschnitschka liegt eine detaillierte Dokumentation
von Frau Inge Ellermann, geb. Knoblich, im Archiv des Adlergebirges im Kulturhaus der Stadt Waldkraiburg vor.

T.F.


Schnappelied
 

Schmilzt der Schnee und Veilchen blühen schon im Garten wie im Wald,

Lerchen auf zum Himmel steigen und des Kuckucks Ruf erschallt,

drängen sich in jedem Herzen Frühlingsstimmung, Wanderlust.

"Auf zur Schnappe!" gilt die Losung, mancher Juchzer hebt die Brust:

Refrain: Schnappe - Bier, Schnappe - Wein, Schnappe - Huhn, Schnitzel fein!

Schnappe Dich nur richtig satt, tanze, sing´und sei nicht fad!

Wär ich Doktor in Bad Reinerz, käm´ bald jeder zu mir her.

Ich verordnete nicht Pillen, keine Wasserkuren mehr;

riet nur fleißig Berge steigen, da stellt Appetit sich ein;

schickte jeden nach der Schnappe, mein Rezept würd´ dieses sein:

Refrain: Schnappe – Bier ...

Oftmals hört´man kritisieren, dass der Weg zur "Schnappe" schlecht,

dass man künftig Promenaden und Alleen schaffen möchte´!

Besonders nachts das ´Runterstolpern, das fällt manchem bitter schwer;

wenn doch wenigstens bis Kohlau eine schöne Rutschbahn wär´!

Refrain: Schnappe - Bier ...

Jüngst kam ´rauf ein fremdes Pärchen, wollt´ die "Schnappe" kennen lern´.

Als sie sah´ n das schlichte Häuschen, gedachten sie gleich umzukehr´n,.

Da ich hörte ihre Meinung, bat ich sie, doch einzukehr´n;

spielte fleißig lust´ge Weisen und tat freundlich sie belehr´n:

Refrain: Schnappe – Bier ...

Doch was nützen fromme Wünsche, nichts vollkommen auf der Welt!

Unsre "Schnappe" wird bestehen, auch, wenn ihr so manches fehlt!

Schnappe – Wein und frohe Lieder fördern die Gemütlichkeit,

seid willkommen, hockt Euch nieder und genießt, was man Euch beut!

Refrain: Schnappe – Bier ...



  


Die "Schnappe" heißt heute "Chata Cihalka" und wird noch bewirtschaftet.