Eimanns Kapelle
Margarethe Kirschner


In den achtziger Jahren fuhren wir einige Male in die Heimat nach Gießhübel. In dieser Zeit besuchten wir auch immer unsere Verwandten im Gründel. Die Eimanns blieben als einzige deutsche Familie dort. Vor der Vertreibung lebten 30 Leute im Gründel in fünf Häusern. Sie besuchten die Kirche in Sattel, und ihre Toten wurden dort auch beerdigt, obwohl das Gründel zu Dobrschan gehörte.

Eimanns Kinder gingen aus dem Hause, Frau Eimann starb früh, und so lebte Franz mehrere Jahre ganz allein in seinem Haus bis zu seinem Tode vor vier Jahren.

Wir ließen unser Auto immer in Sattel stehen, da nur Feldwege zum Gründel führten. Nach einer halben Stunde Fußweg immer bergauf erblickten wir das schöne Bauernhaus der Eimanns und eine kleine Kapelle auf ihrem Grundstück. Der Schäferhund meldete uns schon an, wenn wir noch gar nicht zu sehen waren. Allzu oft kamen wohl Besucher nicht in diese Idylle.

Mich beeindruckte immer die Kapelle. Sie wurde bei jedem Besuch für uns aufgeschlossen. Man konnte sich zum Beten hinknien. Frische Blumen, eine Mutter Gottes und andere Heiligenfiguren schmückten das Innere. Früher hielten die Gründler in dieser Kapelle ihre Maiandachten ab, und manch einer trat zum Beten ein.

Aus der Geschichte des kleinen Bauwerkes erfuhr ich folgendes: Die Großmutter unseres Franz Eimann erkrankte sehr schwer. Man glaubte nicht an eine Genesung. Aber wie durch ein Wunder wurde sie wieder ganz gesund. Zum Dank und zu Ehren der Gottesmutter ließen die Großeltern auf ihrem Grundstück in der Nähe des Hauses die kleine Kapelle erbauen. Das war vor weit über 100 Jahren. Alle Nachkommen der Familie pflegten und verehrten das kleine Anwesen bis heute. Jetzt tut es eine Enkelin von Franz in der 5. Generation. Sie hat Kinder, und so wird die Verehrung fortdauern.

Wie ich jetzt erfuhr, wurde die Kapelle vor einiger Zeit aufgebrochen und ausgeraubt. Inzwischen soll alles wieder in Ordnung gebracht worden sein.

In stillen Stunden sehe ich Eimanns Haus mit der Kapelle vor mir. Sie ist ein Stück Heimat, und deshalb erinnere ich mich so gern an sie.