M. Kirschner, geb. Rolletschek (Gießhübel)
Neulich las
ich in einer katholischen Zeitung unter der Überschrift „Jerusalem mitten im
Herzen Europas“ einen Bericht über das früher deutsche Albendorf, das im
schlesischen Bergland liegt und heute polnisch ist. Auch deutsche Pilger sieht
man heute wieder. Beim Lesen des Berichtes erinnerte ich mich an eine Wallfahrt
nach Albendorf, die meine Mutter und ich mit Gießhüblern
unternommen haben.
Es muss im
August gewesen sein, denn es waren Ferien. Wir Pilger trafen uns und Bauer Pohl
fuhr mit einem Pferdegespann mit. Auf Sitzbänken, die er auf dem Wagen
befestigt hatte, konnten sich die Müden ausstrecken. Der Weg zum Gnadenort war sehr weit. Ab Bad Reinerz
war Albendorf wohl noch 4 – 5 Stunden entfernt. Den größten Teil der Strecke
gingen wir zu Fuß. Der Vorbeter war eine wichtige Person bei einer Wallfahrt.
Er stimmte Lieder und Gebete an. In Abständen wurde gesungen und gebetet. Die
Gebetbücher hatte man mitgenommen. Dazwischen blieb auch Zeit, sich Neuigkeiten
zu erzählen. Ich erinnere mich, dass es lustig zuging. So verging die Zeit, und
der Wallfahrtsort kam immer näher.
Da erblickten wir in der bergigen
Landschaft die Basilika (s. Foto) vor uns. Endlich waren wir angelangt. Wir
begegneten Pilgern, die aus allen Himmelsrichtungen kamen. Zu der Kirche
führten viele Stufen empor. Auf dem Weg nach oben kniete man sich nieder und
betete immer wieder. Wir übernachteten in einem Raum, wo Strohsäcke lagen. Man
konnte sich welche mieten, ebenso Decken. Nach dem langen Weg schliefen alle
gut.
Am nächsten
Tag nahmen wir am Gottesdienst teil. Danach suchten wir die Stationen der
Leidensgeschichte Christi auf. Die Maria mit dem Jesuskind zog die Menschen
an. Auch die sieben kleinen Kapellen, in
denen der Weg Jesu dargestellt war, betrachtete man und betete dort. Von
überall hörten wir Gebete und Gesang. In einer Andenkenbude
kauften wir für Großmutter einen Rosenkranz. Den hatte sie sich gewünscht.
Dann ging
es wieder nach Hause. Wir kamen müde daheim an. So eine Wallfahrt war für alle
etwas Besonderes. Es blieb das Gefühl, etwas Gutes für die Familie und für sich
selbst getan zu haben.