Krank in der Fremde

Margarete Kirschner, geb. Rolletschek (Gießhübel)


Unsere Familie war von September 1945 bis Juli 1946 zur Zwangsarbeit auf dem Gut Podzamci bei Opocno untergebracht, bevor wir ausgesiedelt wurden.

Die schwerste Zeit für uns waren die Wintermonate. In dieser Zeit haben wir auf den Getreideböden, in Scheunen, in den Ställen oder draußen an den Mieten gearbeitet. Ich musste als Jüngste tagelang auf die Schrotmühlen aufpassen. Wenn das Getreide durchgelaufen war, rief ich einen Arbeiter, der neues Getreide auffüllte. Die Arbeit, die ich da machen musste, war leicht, aber in dem Raum war es sehr kalt, und ich langweilte mich entsetzlich. Ich lief hin und her wie ein Tier im Käfig, schaute ab und zu durch die kleinen Fenster auf den Gutshof und weinte dazwischen auch mal. Es fehlte uns allen an warmer Kleidung. Sie war zu Hause geblieben, als wir Hals über Kopf unser Haus verlassen mussten. Man zog alles an, was man an Warmem hatte, aber mit der Zeit war man durchgefroren.

Eines Tages im Januar wurde ich krank. Ich hatte wohl eine Erkältung. Mutter griff zu Hausmitteln, aber sie halfen nicht. Ich bekam hohes Fieber, und es ging mir täglich schlechter. In ihrer Not suchten meine Eltern den Gutsverwalter auf und baten ihn, mich zum Krankenhaus zu fahren; denn ein Arzt kam zu uns Deutschen nicht. Diese Bitte wurde den Eltern abgeschlagen. Da zogen sie mich warm an, hakten mich unter und brachten mich zu Fuß zum Krankenhaus nach Opocno. Es waren wohl zwei Kilometer zu laufen.

Ich wurde im Krankenhaus aufgenommen und in ein Zimmer , in dem bereits drei deutsche Frauen lagen, eingewiesen. Von Ärzten und Schwestern wurde ich gut behandelt. Ich hatte noch tagelang Fieber, bis man mir eine Kneipp`sche Kur in Form eines eiskalten Brustwickels verordnete. Dieser brachte mich so richtig zum Schwitzen. Danach sank endlich das Fieber, und ich wurde wieder gesund.

Als Mutter mich abholen kam, weinte sie; in der Zwischenzeit hatte man Vater abgeholt und in Nachod eingesperrt.

Es kamen wieder neue, schwere Sorgen auf unsere Familie zu. Was würde mit Vater geschehen? Würden wir ihn noch einmal wiedersehen? Wir wussten es nicht.