Sagen von der Frimburg

In der Nähe des Städtchens Neu-Hradek erheben sich auf einem steilen Felsen heute noch die Reste einer einst festen Burg, der Frimburg. Ihre Gründung reicht bis in das 13. Jahrhundert zurück.

Bekannte böhmische Adlesgeschlechter wechseln im Besitze der Herrschaft Frimburg, wie die Herren Dub, Lipa, Hynek, Krusina von Lichtenburg und Arnau, der Abenteurer Johann Mestecky von Opocno u.a. Zur Reformationszeit finden wir die Familie Trcka (nach Schiller Tertzky) im Besitze der Frimburg.

Im Jahre 1639 wurde sie von den Schweden zum größten Teil zerstört. Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts waren jedoch Teile derselben bewohnbar. Erst dem 19. Jahrhundert blieb es vorbehalten, den alten Adlessitz dem gänzlichen Zerfalle preiszugeben

Die Frimburg (Postkarte von 1998)

I.

Die Frimburg soll ihre Entstehung einer Frau verdanken. Die Tochter eines Ritters verliebte sich gegen den Willen ihrer Eltern in einen Knappen und entfloh mit ihm. Die Liebenden kamen in diese Gegend und erbauten dort, wo heute noch die Ruine zu sehen ist, mitten im tiefen Walde eine feste Burg. Damit der Aufenthaltsort nicht verraten werde, sollen alle Arbeiter nach beendetem Baue in einem hölzernen Hause verbrannt worden sein.

Doch der Vater, der seine Tochter über alles liebte, zog allenthalben umher und suchte sein entflohenes Kind. So suchte er einst auch in diesem Walde und kam auf die "Friemburg". Er erkannte sofort seine Tochter und drohte, ihren Mann zu töten, falls sie nicht zu ihm zurückkehrte. Die aber wollte sich lieber freiwillig den Tod geben, als ihren Mann zu verlassen, da wurde der Vater versöhnlicher gestimmt und verzieh seiner Tochter.

II.

Zur Zeit der Hussitenkriege wurde die Frimburg belagert und sollte durch Aushungerung zur Übergabe gezwungen werden. Die Belagerung zog sich in die Länge und sowohl Belagerer als auch Belagerte litten Hunger. In der Frimburg bestand der letzte Vorrat in einem halben Schweine. Dieses sandten die Belagerer, um angeblich deren Not zu lindern. Diese waren erstaunt, dass die in der Burg Eingeschlossenen noch über derartige Vorräte verfügten; sie gaben die Belagerung auf und zogen während der Nacht ab.

Von den Mauern und Wällen der Frimburg aber leuchteten Freudenfeuer.

Dir. Wilhelm Hofmann

 

Die Sagen von der Hummelburg

An der altberühmten und geschichtlich denkwürdigen Heerstraße Reinerz – Nachod liegen auf einem 730 m hohen kegelförmigen Berge die Ruinen der Hummelburg. Die Geschichte dieser Burg, deren Gründung auf das Jahr 900 zurückgeht, ist sehr bewegt. Auch die Sage hat sich ihrer bemächtigt.


Blick auf den Hummel
 

Die Zerstörung der Hummelburg

Ein früherer Besitzer der Hummelburg war ein gefürchteter Raubritter, der in Saus und Braus lebte. Das betrübte seine fromme Gemahlin. Sie bat ihn oft, sein wüstes und lasterhaftes Leben zu bessern. Allein ihr Bitten und Mahnen blieb nicht fruchtlos, sondern ärgerte den Ritter so sehr, dass er beschloss, seine Gattin zu ermorden. Als dies wirklich geschehen war, wurden auch die Kinder, die anfangs brav zu werden versprachen, mit in das Lasterleben des Vaters hineingezogen.

Dabei schwand der Reichtum des Ritters immer mehr und er wurde arm. Um aber sein gewohntes Leben fortführen zu können, überfiel er Kaufleute und Wanderer, die friedlich die Straße daherzogen und plünderte sie aus. Wer sich zu verteidigen wagte, fand keine Schonung.

Eines Tages fuhren drei schwerbeladene Wagen die Straße entlang. Kaum hatte man dieselben erblickt, als auch schon die raubgierige Horde von der Burg hinabstürmte. Die Kinder konnten das Öffnen der Kisten gar nicht erwarten, denn jedes war gierig, seinen Anteil an der Beute so bald wie möglich zu erhalten.

Aber, o Graus! Statt der erhofften Schätze steigen geharnischte Männer, wahre Riesen, aus den Kisten. Mit blitzenden Schwertern dringen sie auf die Burgbewohner ein. Diese versuchen zwar, sich zu verteidigen, jedoch vergebens! Die Riesen sind unverwundbar und jeder Streich prallt an ihren Panzern ab. Der Teufel hat sie gesandt, um den Burgherrn samt seiner Sippe in die Hölle zu holen.

Während des Kampfes erschüttert dumpfer Donner die Erde. Unter gewaltigem Krachen spaltet sich der Berg. Flammen schlagen heraus und verzehren die Burg mit all ihren Bewohnern. Nur die Trümmer eines Turmes bleiben als Warnungszeichen für raublustige Wegelagerer erhalten.

Nachts um die zwölfte Stunde ertönen oft unheimliche Laute. Ein Ritter erstürmt auf schnaubendem Rosse die Stätte der einst weithin gefürchteten Hummelburg.
 
 

Die Hummelfrau

Einst lebte in Nerbotin, einem kleinen Dörfchen in der Nähe der Hummelburg, ein armer, braver Holzmacher. Trotz allen Fleißes wollte die Not nicht weichen. Als er eines Abends ganz ermattet nach Hause kam, weinten die Kinder, denn sie hatten Hunger. Schluchzend erzählte seine Frau, dass ihnen der reiche Nachbar die Kleidung weggenommen hätte, da sie ihm für Getreide einen Gulden nicht bezahlen konnten. Zwar wurde diesmal durch einen anderen mitfühlenden Nachbarn geholfen; allein der Kummer um die Zukunft lastete schwer auf dem armen Holzmacher, so dass er nicht schlafen konnte. Er suchte also Zerstreuung und neuen Lebensmut in harter Arbeit. Die Mitternachtsstunde sah ihn schon fleißig hackend und sägend in der Nähe der Hummelburg.

Da knistert und rauscht es in seiner Nähe. Eine bleiche Frau mit aufgelöstem Haar, in langem, weißen Gewande, auf dem sich frische Blutspuren befinden, einen Dolch und einen Schlüsselbund in der Hand, tritt auf ihn zu.

"Fürchte Dich nicht, sondern erbarme Dich meiner!", ruft sie dem Erschrockenen zu. "Dort oben, wo jetzt noch die Trümmer des stolzen Schlosses stehen, ermordete ich mit diesem Dolche meinen Gemahl – und mit dem Schlüssel öffnete ich den Kerker meines Buhlen, um mich mit ihm zu verbinden. Durch ein Verbrechen wurde der neue Bund geschlossen, durch ein zweites Verbrechen gelöst: Die Hand dessen, für den ich zur Mörderin wurde, tötete mich. Zur Strafe wohne ich schon einhundert Jahre unter den Ruinen. Habe Erbarmen, erlöse mich!"

Der Holzfäller war mitleidsvoll bereit, der Bitte zu willfahren. Er fragte, was er zu tun hätte. Die Antwort lautete: "Sei morgen zur selben Stunde wieder an dieser Stelle! Ich werde Dir erscheinen, aber nicht wie heute, sondern in Gestalt einer feuerspeienden Schlange. Ich werde Dich umtoben, Dir aber nicht schaden; denn dazu habe ich keine Macht. Dann entreiße meinem Rachen den Schlüsselbund und töte mich mit diesem Dolche! Gelingt es Dir, so bin ich erlöst; sonst muss ich noch weitere einhundert Jahre leiden." Hierauf ließ die Frau den Dolch fallen und verschwand.

In der nächsten Nacht um die zwölfte Stunde war der Holzmacher an dem bezeichneten Orte. Den Dolch hielt er in der Hand. – Da braust und zischt und tobt es in seiner Nähe. Eine mächtige, feuersprühende Schlange windet sich heran. Furcht befällt ihn; aber der armen Büßerin gedenkend, wirft er sich rasch entschlossen dem Ungeheuer entgegen und stößt ihm den Dolch in den Rachen. Nochmals bäumt es sich auf, aber ein wuchtiger Hieb mit der Axt streckt es tot zu Boden. Kaum hat er mit starker Hand dem Tiere den Schlüsselbund entrissen, als eine Flamme aus der Schlange herausschlägt und sie vollständig verzehrt. Ein weißes Täubchen aber schwingt sich über den Trümmern des Hummelschlosses höher und höher zum Himmel empor. – Die Seele der Hummelfrau ist erlöst und geht zur Ruhe ein.

Da rollt und kracht es im Inneren des Berges; ein weiter Spalt öffnet sich und lässt einen Raum erblicken, der voll von Kisten und Kasten ist. Der erschrockene Holzhacker wagt es, einzutreten. Er öffnet mit den Schlüsseln die Kästen und nimmt sich von den darin liegenden Schätzen soviel heim, als ihm seine Kraft zu tragen gestattet.

Nun war seine Not zu Ende; er blickte sorgenfrei in die Zukunft.
 
 

Christnacht

Nanne, eine arme Witwe, hat ein einziges Kind: Wilhelm. Große Armut herrscht in der baufälligen Hütte. Das Kind ist krank. Hanne weiß, dass in der Christnacht die Schätze des Hummelberges frei liegen. Sie will an diesem Tage das schlafende Kind allein lassen. Es wacht auf. Die Mutter nimmt es mit. Der Berg öffnet sich. Hanne steigt hinab, legt ihr Kind zu Füßen der Hummelfrau, die traurig dasitzt, nieder und will die zusammengerafften Schätze bergen. Da schließt sich der Berg. Das Kind behält er. Hanne wird ob des Verlustes beinahe irrsinnig und wirft die errafften Schätze weg. Ihre Schwester pflegt sie.

Dir. Wilhelm Hofmann


 
 

Der Opferstein

In der Mitte von Gießhübel, auf dem Berge oberhalb des gewesenen Brauhauses, liegt in der Mitte des Waldschlages ein großer Naturstein, als ob ihn ein Riese hingelegt hätte. Seine Form erinnert an einen Altar. Auf seiner Oberfläche sind Vertiefungen. Die Leute erzählen, dass in ganz frühen Zeiten die Vorfahren ihren Heidengöttern Opfer brachten. Die vertieften Furchen auf dem Opferstein dienten zum Abfließen des Blutes von den Opfertieren.


Opferstein

 

 

Das Schwedenkreuz

Unweit des "Schwarzen Kreuzes", ungefähr zweihundert Meter auf der Westseite des Grenzgehsteiges, steht in einem kleinen Waldschlag an der Grenze ein in die Erde gesetztes Steinkreuz. Es wird von diesem alten, vom Wind abgeschlagenen Steinkreuz wie folgt erzählt:


Kreuzsteinla

Man schreibt das Jahr 1639. Ein heißer, trockener Sommer geht zur Neige. Mit banger Sorge sieht man der kommenden Zeit entgegen.

Auffallende Ruhe lagert über unserer Heimat, insbesondere über dem von bewaldeten Höhen umrahmten Tale, das sich vom Fuß der Hohen Mense westwärts zieht, durchschlängelt vom munteren Goldbach. Das Leben in dem kleinen Städtchen an der Talsohle ist fast erstorben, der wilde Krieg verheert durch mehr als zwanzig Jahre das Land. Die männliche Jugend verschlang der Krieg, Werkstätten und Kaufläden stehen verlassen. Sogar die Fluren liegen öde, der Ackermann zog keine Furche und streute kein Saatkorn aus Furcht vor feindlichen Räubern.

Neue Schreckenskunde durchläuft den Ort und macht dessen geängstigte Bewohner erzittern. Vom Westen her wird das Herannahen feindlicher Scharen gekündet, viel schrecklicher und mordgieriger als alle bisherigen. Voll Entsetzen werden Hausgeräte und Kleider auf Wagen geladen, das Vieh wird aus dem Stall geholt, und nun bewegt sich ein trauriger Zug dem Walde zu, um in dessen verborgensten Winkeln Schutz und Zuflucht zu finden.

"Kind, Kind bet‘, morgen kommt der Schwed‘"- ruft die Mutter ihren Kleinen zu, welche sich angstvoll an sie klammern.

Die naheliegende Stadt Nachod wird wochenlang berannt – vergebens! An der Tapferkeit seiner Verteidiger und der Festigkeit seiner Mauern prallen alle Stürme ab. Die Stadt selbst dagegen wird arg zugerichtet. Heute noch zeugen Kugeln in den Mauern einzelner Häuser von dem furchtbaren Ereignisse.

Für diesen Misserfolg sucht der Schwedengeneral Entschädigung. Seine Kundschafter bringen ihm die Nachricht von einer ostwärts liegenden Burg – der Frimburg. Sie erhebt sich auf einem unzugänglichen Felsen inmitten ausgedehnter Wälder. Nach kurzer Belagerung fällt sie in Trümmer, um nie mehr ihre stolzen Zinnen zu erheben. Gesträuch wurzelt bald im zerfallenen Gemäuer

Durch diesen Sieg übermütig geworden, ziehen Unholde ostwärts ins Schlesierland. Unterwegs stoßen sie auf den anmutig im Goldbachtal gelegenen Marktflecken Gießhübel. Dank seiner einsamen Lage war der Ort bisher von den ärgsten Stürmen des Krieges verschont geblieben – daher Aussicht auf gute Beute! Die Plünderung erfolgt gründlich. Kein Haus bleibt verschont, alles wird durchsucht. Die wenigen zurückgebliebenen Bewohner quält man, um verborgene Schätze herauszubekommen. Ein Teil des Ortes geht in Flammen auf.

Die rauen Krieger ziehen weiter, im benachbarten Schlesien auf reiche Beute hoffend. Auf bewaldeter Höhe an der Landesgrenze verwehrt ihnen eine Schar Bewaffneter den Weg. Ein kurzes, heißes Gefecht, die Schweden siegen. Ihr Anführer jedoch fällt. Fern von seiner nordischen Heimat findet er ein einsames Grab. Seine Kameraden setzen ihm ein schlichtes Kreuz.

Noch ein Jahrzehnt lodert die Kriegsfackel. Oft wird unser Heimatort von feindlichen Kriegern heimgesucht. Allein, es gibt nichts mehr zu holen. Viele Häuser stehen verlassen, andere stehen in Schutt und Asche. Handel und Gewerbe ruhen, die Fluren liegen unbebaut. Dagegen bieten die umliegenden Wälder Raubgesindel Unterschlupf.

Horch! Tönt nicht vom nahen Kirchlein Glockenton? – Wahrlich! Neugierig, jedoch voll Scheu nach der Ursache fragend, erfährst Du, dass nach blutigem Ringen der Friede ins Land gezogen ist. Endlich Erlösung nach dreißigjähriger Kriegsnot!!!

Aufsatz einer Schülerin der Gießhübler Bürgerschule, geschrieben unter der Anleitung der Lehrerin Frl. Raabe.
 
 

Der Rittersprung

Diese Sage hängt mit der Zeit zusammen, als vor vielen Jahren feindliche Horden durch Gießhübel zogen. Damals ritten zwei bewaffnete Schweden auf ihren Pferden und eilten, weil sie der Verfolgung entkommen wollten, in das benachbarte Preußen. Es war im Winter und alles voller Schnee. Die beiden Schweden wollten durch das Kuttler Tal ihren Verfolgern entgehen. Aber durch den überhängenden Schnee stürzten sie mit ihren Pferden in eine Schlucht und fanden dort den Tod. In dieser Schlucht sind sie mitsamt ihren Pferden hinter dem Kirchberg begraben. Deshalb wird im Volksmund heute noch dieser Ort als Rittersprung bezeichnet.
 
 

Wie die "Wölfei" zu ihrem Namen kam

Kirmes ist es, und in der "Krone" zu Gießhübel geht es lustig zu. Abseits von der fröhlichen Jugend sitzen der weißbärtige Grabenflorian und der Geiger Hannes. Letzterem hat Lene, die Wirtstochter, schon ein Krüglein zu viel eingeschenkt, und es ist mit ihm nicht mehr zu reden.

Doch gutmütig legt der Florian seine Rechte auf die Schulter des Geigers und meint: "Du, Hannes, 's werd finster. Gieh liewer hääm! Erscht gestan hot der Herr 'n Wolf gesahn on viergestan glei zweje, se sella etze aus 'm Posche komma, 's werd schon kaalt, on 's gieht uf a Wenter zu".

"Du aales Schreckdeng, Du wärscht gutt, doß ma Dich ei a Krautfeld stella tät!", ereiferte sich Hannes. "West 's 'n nee, i –ie –i – ich ho doch schon fer de Thresla gechen die Preißscha gekämpft, on mich ne ock grode mit am Wolfe remgeschlän! Wenn 's druuf okemmt, a sella Luder, dos derschloo ich mit 'm Fiedelboocha! Do!", damit hieb er einen Zwanziger auf den Tisch, daß er weiterkollerte und zu Boden fiel. "Do, Lene, noch 'n Schoppa! On g r o d e gieh ich nee häm!"

Der Graberflorian aber nahm seinen Schafspelz von der Wand, und mit einem mürrischen "Ei Goots Noma!" verließ er die Gaststube.

Hannes aber blieb, bis die alte Schwarzwälder Uhr die elfte Stunde verkündete. Draußen stand der Mond als helle Scheibe am Himmel und leuchtete dem einsamen nächtlichen Wanderer auf dem Wege. Beim Hammerhofe bellte heiser ein Hund. Schweigend hatte der Geiger schon ein Stück des Waldweges zurückgelegt. Er hörte auf das Rauschen und Plätschern des Waldbaches und auf das Raunen des Windes in den Baumkronen. Gespenstisch glitt ein Nachtvogel vorbei und Hannes bekreuzigte sich dreimal. "Jesses, Marja 'nd Josef!" murmelte der Geiger, denn er hatte aus dem Dickicht jenseits des Bachufers ein schauriges Geheul vernommen. Jetzt erst erinnerte sich Hannes der Reden des Graberflorian, und es lief ihm eiskalt über den Rücken. Da verstummte das Geheul, und er schlich ängstlich weiter.

Da – ein Ast knackte, Fichtenreiser brachen – und das Geigerlein lag in einer vom Jäger hergestellten Fanggrube. Im ersten Augenblick rief er alle vierzehn Nothelfer an, dann aber gewahrte er zu seinem größten Schrecken zwei grünlich funkelnde, gierige Augen und hörte ein aus der Ecke kommendes Knurren. Er rief um Hilfe und wusste sie doch so weit. Wo hatte er seine lange Reiterpistole? Ja, ja, er hatte sie daheim gelassen, weil ihn Anna, sein Weib, darum gebeten hatte. Jetzt war er allein, allein mit einem Wolfe, wie er erkannt hatte.

Da – blitzschnell fuhr ihm ein rettender Gedanke durch den Kopf! Der Spitzel zu Hause hatte immer geheult und war davongerannt, wenn er gegeigt hatte. Vielleicht machte es dieses Untier auch so und blieb ihm vom Leibe. Gleich zog er seine Fiedel aus dem Ledersacke und spielte ein Tanzliedchen. Und siehe da! Der Wolf klemmte seinen Schwanz zwischen die Beine und stieß ein schauerliches Geheul aus, so dass dem Fiedler große Angstschweißtropfen über die Stirn rannen.

Da – es riss ihm eine Seite! Er hielt im Spiel inne. Als er aber neues Grollen hörte, geigte er weiter.

Droben beim Hegerhaus stand der Heger-Naz und schüttelte ein ums andere Mal sein ergrautes Haupt. "Sellt 'n dos schon a Wolf sein?" meinte er, nahm seinen Kugelstutzen und stapfte in den nächtlichen Forst.

Dem Manne in der Grube schien jede Minute wie eine Ewigkeit. Jetzt hatte er bloß noch eine Saite, und müde war er, dass er den Arm nicht mehr spürte. Im fernen Osten dämmerte es, und in den Ästen schwätzte schläfrig ein Häher. Der Hannes wähnte schon, die letzte Saite summe ihm den Grabgesang. Da hörte er Tritte, und er schrie um Hilfe.

"Olle liewa, guda Geister!" rief der Naz, der den Geiger an seiner Stimme erkannt hatte. "Hannes, best 'n Du neigefolla?"

Kläglich antwortete der Angerufene.

Da legte sich der Heger an der Grubenrand, zielte und schoß den Wolf nieder. Hannes aber hatte weiße Haare bekommen und musste lange das Bett hüten.

Seit diesem Ereignis nannten die Leute den Wald "Wölfei".

Rudolf Knoblich

 

Die Wünschelrute

Ein Unter-Gießhübler Bürger, namens Stonner, besaß eine Wünschelrute, mit deren Hilfe er Schätze heben konnte. Nach seinen Angaben musste solche Rute folgenden Entwicklungsgang mitmachen: Sie konnte nur aus einem Birkenreis mit drei Zweigen, die alle drei in einem Jahr zusammengewachsen waren, hergestellt werden. Dieses Reis musste längere Zeit auf dem Grabe eines Junggesellen gelegen haben und unter einem Kreuzwege vergraben gewesen sein. Schließlich sollte erst ein schwarzer Kater mit ihr solange gepeitscht werden, bis er tot war. Jetzt erst konnte die Wünschelrute ihre volle Kraft entfalten.

Leopold Dumek

 

Am Kirchberge

Am Kirchberg, vor Zeiten "Begräbnisberg" genannt, wohnten zwei Nachbarn.

Der eine war brav und fleißig, der andere hingegen heimtückisch und faul.

Letzterer suchte dem emsigen Nachbarn auf alle möglichen Weisen zu schaden und tat dies auch, indem er seine Rainsteine versetzte. Dabei überraschte ihn der Tod. Zur Strafe musste er nun, mit dem Rainsteine beladen, nächtlicherweise auf seinem Feld "umgehen". Ein furchtloser Mann erlöste ihn, indem er ihm den Rat gab: "Du tommer Karl, tu ock dan Stain wieder dart hie, wu d’n hargenumma host!".

Seither ward der Umtriebige nicht mehr gesehen.
 


Das grüne Männchen

In dem ehemaligen Armenhause in Gießhübel lebte einst ein Schuster. Dieser ging einmal um 12 Uhr nachts nach Hause. Da begegnete er in der Nähe seiner Heimstätte einem grünen Männchen. Er hatte schon oft von ihm gehört und wusste, dass es die Gewohnheit hatte, während der Nacht Grenzsteine zu versetzen und auf diese Weise die Leute zu ärgern. Das Männchen trug auch jetzt wieder einen Grenzstein und sprach: "Was tu ich mit dem Steine, wo leg ich ihn nun hin?" Da rief ihm der Schuster zu: "Du tomm(e)r Ka(r)l, Wu d‘ a hargenumma host, da(r)t tu a wieder hie!" Mit den Worten: "Jetzt bin ich erlöst!" verschwand das Männchen und die Grenzsteine blieben von nun an unverrückt.

Leopold Dumek

 

Die Sage von den fünf Waldmännchen

Oberhalb von Gießhübel zog ein junger Heger in das Hegerhaus ein. Der Wald ringsherum war dicht und kaum begehbar, lauter Wasserrisse und Gras bis zur Hüfte, und zur Grenze war es von hier aus nur ein Sprung.

Er ging durch Gießhübel immer mit offenen Augen, im und außer Dienst. Er ging aber auch ständig in den Wald. Im Sommer, wenn es warm war, blieb er des öfteren unter den Fichten in einer Mulde über Nacht und schlief.

Einmal, abends um zehn, schlenderte er langsam durch den Wald und fiel in hohes Gras. Er verlor sich darin wie im Meer. Auf einmal erblickte er etwas vor sich, dass ihm richtig der Atem stehen blieb. Auf einer kleinen Ebene war das Gras gewissenhaft niedergetrampelt, es brannte ein Feuer und ringsherum hüpften fünf ganz kleine Männchen, so klein, dass alle fünfe auf einer Handfläche Platz gehabt hätten, und es wäre überhaupt nichts von ihnen zu spüren gewesen. Die Kleidung, die sie anhatten, war wie Heger- und Försterkleidung, alles war grün, bis auf ihre Bärte. Die waren weiß und lang und um ihre Hüfte gewickelt wie ein Gürtel.

Der Heger erkannte bald, dass diese kleinen Männlein Waldzwerglein waren.

Einer von ihnen fing von Waldtierchen zu sprechen an, von Hasen und Füchsen, aber auch von Pilzen und anderen Waldfrüchten. Die Männlein gaben sich Aufgaben und wollten sehen, wie es mit allem im Wald aussieht und verliefen sich in der Umgebung.

Den zweiten Tag trafen sie sich wieder, um sich sagen zu können, was sie alles festgestellt hatten: Es wüchsen viele Pilze. Die Pilzsucher würden aber auch viel Schaden im Wald anrichten, sie zertrampelten die Pilze und stießen sie um. Es sei darum notwendig, die Schuldigen zu bestrafen. Der Waldzwerg, der sich um die Pilze zu sorgen hatte, ärgerte sich darüber und zog einen schwarzen Stock hervor, den er dreimal über dem Kopfe drehte und verwünschte alle Pilze im Walde. Kaum, dass er die Verwünschung ausgesprochen hatte, gab es im Walde einen großen Krach, und es ging ein Sturmwetter los, dass es sogar Bäume umgebrochen hat. Auf dem Platze, wo bis zu der Zeit die Zwerge saßen, schlug eine große, rote Flamme hoch.

Die Zwerge sind seither verschwunden, aber es sind dort nicht mehr viele Pilze gewachsen. Die Leute sagen, dass in dem Teil des Waldes alle Pilze räudig seien.
 
 
 

Der Schlangenkönig

Im Adlergebirge, unter der bewaldeten Hohen Mense, liegt oberhalb von Gießhübel das Dörflein Pollom. In einem kleinen, hölzernen Häuschen wohnte der junge Hans mit seiner Mutter. Er ging einmal auf die große, mit Heide bewachsene Wiese, um kleine Fichtenpflanzen einzusetzen. Unterhalb dieser Wiese stand eine Buche. Hans war immer lustig und vergnügt, pfiff und sang während der Arbeit. Nun kam es ihm aber vor, als ob es einen Widerhall gäbe und sein Singen und Pfeifen wiederholt würde. Er sah sich um und erblickte eine große Schlange, die eine goldene Krone auf dem Kopf hatte und um die große Buche geschlungen war. Mit menschlicher Stimme sprach sie zu ihm: "Ich bin der Schlangenkönig. Täglich sehe ich Dich arbeiten und singe mit Dir. Bist ein lustiger und arbeitsamer Junge und hast Dich bei mir beliebt gemacht. Mit Deinem Gesang ist es im Walde lustig. Ich gebe Dir eine gute Belohnung, wenn Du täglich zu dieser Buche kommst und mir etwas vorsingst. Gerne würde ich meinen Untertanen ein lustiges Vergnügen bieten. Brauchst Dich nicht zu fürchten, es wird Dir niemand etwas tun. Beachte nichts, was immer sich auch begeben wird. Heute ist es schon zu spät, aber komme morgen in der Frühe zur Buche, klopfe dreimal an den Stamm, und mein Gesinde wird sich alsbald einfinden": Dem Hans war ganz wirr im Kopf, und er versprach dem Schlangenkönig alles, was er von ihm verlangte.

Schon mehrere Male hatte er davon erzählen gehört, dass unter der großen Buche ein Gang zu einem unterirdischen Schlosse sei, in welchem der Schlangenkönig wohne. Wer das geheime Lösungswort kenne, dem öffne sich die Buche und er steh vor einem goldenen Riegel, der von einem schwarzen Vogel bewacht werde. Wer an den Riegel klopfe, dem werde geöffnet und er gelange in einem geheimen Gang in die Grotte, welche mit tausend Edelsteinen beleuchtet sei. In der Mitte dieser Grotte glänze ein goldener Thron, auf dem der Schlangenkönig ausruhe.

An diesem Tag kehrte der Hans ganz versonnen nach hause zurück. Seine Mutter erkannte bald, dass etwas geschehen war. Hans erzählte, dass er mit dem Schlangenkönig gesprochen habe und morgen wieder auf die Wiese kommen solle, um zu singen. Der Schlangenkönig mit seinem ganzen Gesinde werde sich einfinden, um mit ihm lustig zu sein. "Dafür versprach er mir eine große Belohnung". Seine Mutter riet ihm, er solle dem Wunsche gehorchen.

Nach einer unruhigen Nacht richtete sich der Hans am Morgen her und ging voller Angst zur Buche. Diese war von einem großen, hellen Schein umgeben, der von dem goldenen Sessel kam, auf welchem der Schlangenkönig ausruhte. Um ihn herum lagerten seine Freunde: Schlangen, Eichhörnchen, Vögel, Eulen, Mäuse, Hasen, Rehe, Füchse und Dachse. Die Bewohner des Waldes waren sein Gesinde!

Der Hans ging bis zum Thron, verbeugte sich tief und fing an zu singen. Alle tanzten ringsherum und vergnügten sich über die ganze Wiese. Dann erhob sich der Schlangenkönig und gab ein Zeichen, dass sich alle auf ihren Platz begeben sollten. Für heute war es lustig genug gewesen. Er gab Hans eine Belohnung und lud ihn wieder ein.

Hans kam ganz glücklich nach Hause und zeigte seiner Mutter den Edelstein, den er zur Belohnung bekommen hatte. Diesen verkaufte er in der Stadt dem Goldhändler und bekam viele Goldstücke dafür ausbezahlt. Hans ging über den ganzen Sommer auf die Wiese. Bald war er reich und baute sich ein neues Haus. Er hatte ein angenehmes, bequemes Leben, und die Truhe voller Gold.

Aber sein Reichtum vernebelte ihm den Verstand. Er neidete dem Schlangenkönig alles. Er wollte unter die Erde in das Schloss des Schlangenkönigs gehen, um noch mehr zu gewinnen. Hans ging nicht mehr gern auf die Wiese, um bei dem Schlangenkönig und seinem Gefolge zu singen. Eines Morgens ging er aus dem Haus und nahm die Axt und die Säge mit, um die Buche zu fällen, unter welcher das Schlangenschloss versteckt war. Kaum dass er den ersten Hieb tat und die Säge ansetzte, ertönte ein plötzliches Gedonner, und die ganze Erde erbebte. Die Buche zersplitterte in tausend Stücke, die sich über die ganze Wiese und dem Gang unter der Erde zum Schloss verstreuten. Als sich Hans von dem Schrecken erholt hatte, war alles verschwunden. Von der Buche war nichts mehr übrig, auch sein Reichtum war verschwunden, und es stand wieder das alte, hölzerne Häuschen in Pollom. Es blieb Hans nichts anderes übrig, als wieder als Holzfäller im Wald zu arbeiten und an die schönen Zeiten zu denken.

Aber doch hinterließ der Schlangenkönig ein Andenken: Es sind dies seine Diener, die Schlangen, vor denen die Menschen immer noch Angst haben. Bis heute ist die Wiese, auf der die große Buche stand, als Schlangenwiese bekannt.
 
 
 

Der Goldene Stollen

Am Nordabhange der Hohen Mense befindet sich eine von Natur aus gebildete Höhle, die unter dem Namen "Der Goldene Stollen" bekannt ist. In alten, unverbürgten Nachrichten hierüber wird von mehreren Höhlen gesprochen.

Das Gestein ist zum Teil Glimmerschiefer, der bei Beleuchtung wie Metall glitzert und flimmert, so dass eine lebhafte Einbildungskraft leicht Gold zu sehen vermeint.

An diese Höhle knüpft sich folgende Sage:

In dem Dorfe Jauernig am Fuße der Hohen Mense verlor ein Knabe frühzeitig seine Eltern. Der reiche Müller des Ortes nahm sich des verwaisten Knaben an und unterrichtete ihn im eigenen Handwerke. Der Müller besaß eine Tochter, die sehr schön und gut war. Anfangs verkehrten Jakob und Nanne – so hießen die beiden – wie Geschwister. Als sie älter wurden, gewannen sie sich immer lieber. Jakob trat eines Tages vor den Müller und bat um die Hand Hannas. Der Müller wollte jedoch davon nichts wissen und gebot ihm, sofort die Mühle zu verlassen. Er hatte seine Tochter bereits dem Sohne des benachbarten Berufsgenossen versprochen. Hanne bat ihren Vater flehentlich, ihr Jakob zum Manne zu geben, den Müllersohn könne sie nicht leiden und sie wolle eher sterben, als ihm anzugehören.

Dies bewog den Vater, der seine Tochter doch mehr liebte als sein Geld, zu folgendem Troste: "Ich werde Dich zu keiner Verbindung zwingen, aber ich gebe auch die Heirat mit Jakob nicht sofort zu. Prüfet Eure Liebe durch längere Trennung! Jakob, geh in die Fremde! Und hast Du nach Ablauf von drei Jahren so viel erspart, als die Hälfte meiner Mühle wert ist, dann kehre heim und Hanne und Mühle gehören Dir. Kehrst Du aber in der bestimmten Frist nicht zurück, dann bin ich meines Versprechens ledig.."

Drei Jahre sind fast verflossen. Jakob sitzt eines Abends in einer Schenke vor Wien ganz traurig und niedergeschlagen. Da tritt einer von drei Männern, die sich ebenfalls in der Stube befinden und fortwährend in welscher Sprache redet, auf Jakob zu und fragt nach der Ursache seines Kummers – und ob es vielleicht gar Nanne sei.

Erschrocken starrt er den Frager an. Allein sein Erstaunen wird noch größer, als er hört, dass jene drei unheimlichen Männer auch von Hindernissen Kenntnis haben, die der Müller seiner Ehe mit Nanne in den Weg gelegt hat.

Rasch ist jedoch Jakobs Vertrauen durch die Zusage wiedergewonnen, dass die Fremden ihm helfen würden, wenn er offenherzig und aufrichtig seine Lebensgeschichte erzähle und ihnen alsdann einen Gefallen erweise. Als Jakob von Hilfe hört, ist er zu allem bereit. Er redet von seiner Jugend, seiner Liebe zu Hanne und seiner Wanderschaft: Auf letzterer hatte er nach zweijähriger Arbeit schon ein hübsches Sümmchen erspart und hoffte mit Zuversicht, vor Ende des dritten Jahres noch soviel zu ersparen, um vor den Müller hintreten zu können. Allein während der Mittagsruhe, die er nach einem anstrengenden Marsche hielt, stahl ihm ein Schurke alles. Seitdem hatte er alle Lust zur Arbeit verloren.

Teilnahmsvoll hörten die Fremden zu und versprachen ihm reichlich Belohnung, wenn er ihnen bei der Hebung des Schatzes aus dem Goldenen Stollen behilflich wäre. Jakob versprach es mit Freuden; er hatte ja dadurch Gewissheit, bald seine Heimat und Nanne wiederzusehen!

Fröstelnd erwacht Jakob am nächsten Morgen. Er reibt sich die Augen, springt auf.

O Wunder! Über ihm wölbt sich der klarblaue Himmel und rings um ihn, - das – das ist ja seine liebe, liebe Heimat – dort die vertrauten Hügel, drunten die heimlichen Täler! – Er steht auf dem Gipfel der Hohen Mense! Und da kommen auch seine Bekannten von gestern. Ihr Zaubermantel hat Jakob in die Heimat getragen.

Seinem Versprechen gemäß zeigt Jakob den Eingang zum Goldenen Stollen und bittet um seinen Lohn. Doch Jakob soll mit in die Tiefe steigen. Dort erst werde er seinen Anteil erhalten. Ein Baum wird gefällt, die gestutzten Äste müssen als Sprossen dienen – und nun steigen die Männer schweigend in die Tiefe.

Am Grunde des Stollens angelangt, murmelt der eine der drei fremden Männer bei mattem Scheine einer schwarzen Kerze aus einem schwarzen Buche eine Verschwörungsformel. Alsbald spalten sich die Felsen und eine verschlossene Tür wird sichtbar. Sie öffnet sich. Eine zweite Pforte schließt einen langen Gang ab. Doch auch diese tut sich nach geheimnisvollen Worten des Zauberers auf. Vor einer dritten Tür liegt ein großer, schwarzer, zottiger Hund mit glühenden Augen. Auch ihn nötigt die Macht des Zauberers, den Eintritt freizugeben.

Die Schatzkammer öffnet sich, und vor Jakobs staunenden Augen blinkt und blitzt es. Der ganze Raum hängt voller goldener Zapfen. Dort aber, in der nächsten Ecke, schläft ein Greis auf einem Häuflein abgeschlagener Zapfen. Auch er hat den Schatz heben wollen und ist auch in die Schatzkammer gelangt. Ein unbedachter Ausruf beim Anblicke des vielen Goldes aber hat den Zauber gebrochen. Er schläft hier für ewige Zeiten. In aller Eile füllen die vier Männer die mitgebrachten Säcke und eilen nun wieder ans Tageslicht. Jakob aber erhält reichen Lohn.

Nachdem er die Fremden auf den Gipfel der Mense zurückgeführt hatte, sagten sie ihm Dank und flogen auf ihrem Zaubermantel gegen Süden; er aber eilte so rasch wie möglich seinem lieben Jauernig zu.

Erwartungsvoll schleicht er zur Mühle. Bald hat ihn Nanne erblickt und beide liegen sich vor Freude in den Armen. Der Vater, durch Gram frühzeitig ein Greis geworden, weint Freudentränen. Der Anblick des Goldes, das Jakob auf den Tisch legt, hat keinen Wert mehr für ihn; nur den Jüngling sieht er an und spricht: "Wärst Du nur früher heimgekommen! Auch ohne diese Schätze hättest Du mein Kind zur Frau bekommen. Nun aber empfanget meinen Segen. In Eurem Glücke will auch ich wieder glücklich werden!"
 
 

Die Natterkönigin

Die Natterkönigin trägt eine goldene Krone. Sie kommt aber nur am Pfingstfeste aus ihrem Schlupfwinkel hervor, wenn bei der Sonne bei ihrem Aufgang eine Lämmchenwolke, das Sinnbild eines unschuldigen Menschen, sichtbar wird. Kann man zu dieser Zeit das Krönlein erbeuten und gibt es unter das Geld, so nimmt dieses niemals ab – man kann davon nehmen, soviel man will.

Leopold Dumek


 

Die drei Herren

Einst ging auch eine Frau aus dem nahen Dorfe Kaltwasser in die Rorate nach Grunwald. Sie hatte sich in der Zeit geirrt, es war noch Nacht. Als sie zu der großen Eiche kam, an deren Stelle später das Schwarze Kreuz errichtet wurde, sah sie an derselben Stelle drei Herren sitzen. Als sie diese nach der Zeit fragte, verschwanden sie plötzlich spurlos. Angsterfüllt eilte das Mütterchen weiter. Als es schweißbedeckt zur Kirche kam, schlug es ein Uhr Mitternacht
 
 
 

 

Das Gespenst auf dem Roten Hügel


Roter Hügel

Die Fuhrmänner, die mit ihrem Fuhrwerk der Straße entlang von Gießhübel über den "Roten Hügel" nach Sattel fahren wollten, beschwerten sich, dass ihre Pferde auf einem bestimmten Platz stehen blieben und nicht weitergingen. Der Fuhrmann musste vom Fuhrmannsbock absteigen und die Pferde beim Kopf nehmen und sie weiterziehen. Es dauerte lange, ehe sie sich beruhigen ließen. Die Sage erzählt, dass vor vielen Jahren an diesem Ort ein Raubmord geschah, und seit dieser Zeit spuke es an der Stelle.
 

 

Der Wassermann von Unter-Gießhübel

Ein kleines Männlein mit einem langen Barte, Zipfelmütze und Leinenschürze soll der Wassermann gewesen sein, der am unteren Teiche beim Hammerhof geisterte.

Er kam jeden Abend, Walpurgis ausgenommen, in ein benachbartes Haus und übernachtete dort. Die Bewohner sahen ihn niemals, hörten ihn aber jeden Morgen und Abend auf der Bodentreppe gehen. Diese war dann auch stets nass. Von diesem Wassermanne wird erzählt, dass er rote Büschel auf Sträucher hänge, um dadurch Kinder herbeizulocken. Vorwitzige ziehe er dann ins Wasser.

Leopold Dumek

Der grüne Jäger

Im Teufelsgarten soll einst in einer sehr kalten Winternacht ein Jäger auf einem Baumstumpfe eingeschlafen und erfroren sein. Geht jemand zur Mittagszeit vorbei, so erscheint ihm der Jäger mit seinem Hunde und begleitet ihn ein Stück des Weges. Hierauf verschwindet er. Den Hund hört man weithin bellen. Dieser Jäger ist unter dem Namen "der grüne Jäger" bekannt Er soll schon vielen, auch an anderen Orten des Mensewaldes, erschienen sein.

Leopold Dumek

 

Das Schwarze Kreuz

Die Straße, die von Gießhübel am Gasthaus "Zur Schnappe" vorbei nach Reinerz führt, überquert nicht nur den Kamm des Adlergebirges, sondern auch die Reichsgrenze. Hier am Kamm, in allernächster Nähe der sagenumwobenen Hohen Mense hat der Wald etwas ungemein Düsteres und Geheimnisvolles an sich. Auf der Höhe dieses Passes wollen die Menschen oft Ungeheuer, Menschen ohne Kopf und schwarze Hunde gesehen haben. Weil dies die Leute erschreckte, errichte man an dem unheimlichen Orte, an der Stelle einer mächtigen Eiche, ein hohes schwarzes Kreuz, von dem die Passhöhe den Namen erhielt

Rudolf Seidel


Dort soll auch ein Mann begraben liegen. Zeitweise sehen die Leute dort eine schwarzgekleidete Frau beten und Blumen auf das Grab legen.

Leopold Dumek

Die Gichtrübe

Gewisse Zauberkräfte werden der Gichtrübe zugeschrieben, weshalb sie von den Wissenden auch Alraunwurzel, d.h. Zauberwurzel, genannt wurde.

Von ihr wird erzählt: Wenn der glückliche Besitzer sie in ein Tragetuch einbindet und in der Walpurgisnacht über einem Herdfeuer aufhängt, so kann er aus den Zipfeln des Tuches beste Milch melken. Es ist jedoch schwer, eine solche Wurzel zu bekommen. Sie muss vor allem gestohlen sein. Beim Herausnehmen aus der Erde gibt sie einen Schrei, dem eines Kindes gleich, von sich und erregt dadurch die Aufmerksamkeit aller Hausbewohner. Dadurch erschwert sie selbst dem Diebe das Unternehmen.

Leopold Dumek

 

Vom Teufelsgarten

Ein Scharfrichter, der in der Umhängetasche die Seele eines Verurteilten trug, begrub diese auf der Hohen Mense. An dieser Stelle wuchs ein undurchdringliches Gestrüpp, und wer sich diesem Orte näherte, wurde von unsichtbarer Hand weggeschleudert. Diese Stelle heißt Teufelsgarten und liegt unweit des Mensegipfels auf der Gießhübler Seite. Einmal gingen zwei arme Frauen von Gießhübel in das Gebirge, um Holz zu sammeln. Als jede eine tüchtige Bürde beisammen hatte, eilten sie heimwärts. Weil sie müde geworden waren, ruhten sie ein Weilchen aus. Als sie wieder aufstehen wollten, konnte die eine sich nicht erheben. Erst nach längeren Versuchen gelang es ihr. Als die beiden Weiber einige Schritte gegangen waren, erscholl hinter ihnen ein starkes Gelächter. Unbewusst hatte das eine Weib im Teufelsgarten ausgeruht. Das Lachen aber rührte vom Teufel her.
 
 


Das Grab auf der Wegkreuzung

Bei der Wegkreuzung zwischen Kuttel und Lewin ist eine Zauberin eingegraben.

Zu ihrer Lebzeit vollbrachte sie allerhand Zauberstücke. Sie schadete dem Vieh, hat aber auch wieder geholfen. Es kam auch vor, dass Leute in ihrer Not zu ihr gegangen sind und um einen guten Rat ersucht haben. Die Zauberin starb, als sie schon ein hohes Alter erreicht hatte. Die Leute wollten sie auf dem Friedhofe beerdigen, aber dem Herrgott war sie zuwider, und so wurde sie am Ende auf der Wegkreuzung bei der Kapelle zu ihrer letzten Ruhe beigesetzt. Und was geschah? Nach drei Tagen kam das liebe alte Weib mitsamt dem Sarg an die Oberfläche! Und am nächsten Tag wieder, und das wiederholte sich einige Tage hindurch. Die Leute haben dann erfahren, dass sie ohne Sarg eingescharrt werden und noch mit drei Erlenpfählen ihre Brust durchbohrt werden musste. So wurde es gemacht, und nun blieb die Zauberin ruhig in der Erde liegen.