Erinnerung an eine Faktorei für Heimarbeit in Gießhübel

Helga Wondrejz (Bleichsefflas)


Die wirtschaftliche Lage des Adlergebirges brachte es mit sich, daß viel Heimarbeit gemacht wurde, um die karge Haushaltskasse aufzubessern. Das älteste Gewerbe dieser Art war wohl die Handweberei. Dann kam die Filetarbeit dazu mit Netzen und Ausnähen. Das hat meine Mutter schon als junges Mädchen gemacht.

Anfang der dreißiger Jahre eröffneten meine Eltern eine Faktorei für Heimarbeit. Sie beschäftigten bis zu 250 Frauen von Gießhübel bis Deschnei mit Stricken. Die Wolle mit den entsprechenden Wünschen von Artikeln und Größen wurde von Handarbeitsgeschäften aus Prag bezogen. Mutter machte die Schnitte und rechnete die Maschen aus, die Frauen fertigten die einzelnen Teile an. Endgültig fertiggestellt wurden die Pullover, Jacken, Kleider und Mäntel dann bei uns.

Durch die politische Lage bedingt, ging diese Zeit 1937 zu Ende. Da die Geschäftsinhaber in Prag Juden waren, emigrierten sie rechtzeitig nach England. Ein Geschäftsmann wollte zwar von London aus wieder mit meinen Eltern zusammenarbeiten, doch der Ausbruch des Krieges verhinderte dies.

Im Oktober 1938 konnten meine Eltern in neue Geschäftsbeziehungen mit einem Handarbeitsgeschäft in Berlin treten. Bis zur Einberufung meines Vaters im November 1942 arbeiteten sie mit diesem Geschäft zusammen und beschäftigten ungefähr 50 bis 60 Frauen.